Entwicklungsbericht der Spezies „Mensch“ auf dem Planeten „Erde“, verfasst von Xluptr-03342

a short story by Jule Kaben

Sie sprechen in fremdartigen Zungen auf meiner Sprache zu mir, sie nutzen Wörter wie „Heuristik“ und „Transzendenz“. Sie zwängen sich in unbequeme Anzüge und Kostüme, Schuhe, die sie offensichtlich unangenehm finden. Sie verstopfen sich die Poren mit hormondurchtränkten Kosmetika, welche teilweise zu (Erd-)Mondpreisen über den Tresen gehen. Schlimmer noch: Sie motivieren persönlich oder im Internet andere Menschen dazu, dieses kuriose Körperpflegeritual selbst zu vollziehen. Im Internet sehen sie sich stundenlang Inhalte an, die sie offensichtlich unglücklich machen, hören allerdings nicht auf. Diese Menschen im Internet erzählen anderen Menschen, sie würden sich hauptsächlich von Haferschleim mit Beeren ernähren, Hausputz sei ihr Hobby und um fünf Uhr morgens aufzustehen die große Offenbarung. Der moderne Mensch glaubt nur noch an einen Gott, dieser ist viereckig und muss alle paar Jahre in der Religionsstätte für ein kleines Vermögen neu erworben werden. Zu diesem Gott beten sie sehr häufig mehrere Stunden am Tag ohne Unterbrechung, hierbei ist es erstaunlich, dass junge Menschen der Religion noch fanatischer anhängen als die älteren, welche dieser allerdings auch völlig verfallen sind. Den Geschlechtsakt vollziehen sie nur zögerlich, denn sie haben in ihrem religiösen Portal gesehen, wie andere Menschen es schon viel besser und ästhetischer als sie selbst gemacht haben.

Damit der Mensch in seiner eigenen, zerstörerischen Genialität die Welt nicht in einem unüberschaubaren Tempo unterwirft, haben sie die Bürokratie erfunden. Grundsätzlich gilt: Je weniger Humor der jeweilige Volksstamm besitzt, desto mehr Bürokratie hat er sich auferlegt. Es gibt Regeln für das Aufstellen von Regeln und Regeln für die Regeln, für das Aufstellen von Regeln und Regeln und Regeln für die Regeln der Regeln der Regeln. Während gestern noch die Menschen völlig ohne Papierkrieg ihre Lehmhütte aufstellen konnten, behindern sie sich nun selbst im Bau einer Behausung. Verletzt man einen Menschen emotional, so tut dieser alles, um emotional möglichst unverletzt zu wirken. Lehnt man die Avancen eines romantisch-interessierten Menschenwesens ab, reagiert dieses mit „Ich wollte dich sowieso nicht. Eigentlich finde ich dich zutiefst abstoßend und mein Interesse basiert auf Mitleid“. Möchte ein erwachsener Mensch weinen, unterdrückt er diesen Impuls, bis er die Sicherheit seiner spärlichen Behausung oder einen stinkenden Abort gefunden hat. Wenn Menschen doch einen begrenzten Zugang zu ihrem unterentwickelten Emotionsleben erlangen wollen, trinken sie in größeren Mengen einen schädlichen Saft aus gegorenen Früchten und teilen sich hemmungslos mit, bis nur noch ihre letzte Mahlzeit ihren Mund durchdringt. Dabei besteht die Kunst darin, diese Situation für alle Beteiligten, auch das Individuum im Nachhinein, möglichst beschämend zu machen. Dazu läuft üblicherweise Musik, die zu jung ist, um als geschmackvolles Überbleibsel einer besseren Zeit zu gelten, jedoch auch zu alt, um als frischer Wind aus den Lautsprechern empfunden zu werden. Wichtig sind hierbei sich wiederholende Strophen mit hohem Nervfaktor und Songtexte, deren geniale Philosophie man erst nachvollziehen kann, wenn man ein paar Gläser von dem Saft hatte. Der Schlager ist im Prinzip das Wackelbild zwischen Nüchternheit und Rausch, weshalb die Meinung des jeweiligen Menschen in einer engen Beziehung zum jeweiligen Promillewert steht. Dazu genießen mittelmäßige Menschen die Beobachtung von fragwürdigen Individuen, um sich für einige Stunden von der Enttäuschung über die Sinnlosigkeit ihres eigenen Lebens hinwegzutrösten. Basierend auf der Pigmentmenge ihrer Epidermis bestimmen Menschen den Wert des Individuums, in der Regel sind wenige Pigmente gut und viele schlecht, wobei auch an dieser Stelle viele Streitigkeiten herrschen.

Ansonsten wird Brutpflege und Stammeserhaltung nicht als basale Praxis der Arterhaltung, sondern eher als nebensächliche Gefälligkeit angesehen. Der Mensch hat es sich zum Ziel gemacht, kleine digitale Zahlen bis in die Unendlichkeit zu erhöhen. Das Problem dieser digitalen Zahlen besteht darin, dass sobald alle hohe digitale kleine Zahlen haben, niemand mehr hohe digitale kleine Zahlen hat. Trotzdem sitzen viele dem irrigen Schluss auf, die kleinen Zahlen könnten sich bis ins Unendliche erhöhen. Dazu wurden sogar komplexe Theorien und Systeme entwickelt, die dazu genutzt werden, nichts ahnende Opfer auf Cocktailpartys zu langweilen und die eigene Überlegenheit zu demonstrieren, welche die grassierende soziale Ungerechtigkeit rechtfertigen soll. Ansonsten ist das aktuell höchste Produkt der menschlichen Innovation die 5-Minuten-Terrine, denn sie bereitet exquisite Nudelgerichte ohne weiteres Zutun innerhalb von fünf Minuten preisgünstig zu und verkürzt durch ihre fragwürdigen Inhaltsstoffe das trostlose Leben der Menschenwesen auf ihrem sterbenden Planeten. Die beste Spezies auf dem Planeten ist die Gans, denn sie ist wie ein Schwan, nur kürzer und mit einem höheren Aggressionspotenzial. Die schönste Stadt der Erde ist Neumünster, denn nur an diesem Ort wird das Vermögen des menschlichen Auges an die fünfzig unterschiedlichen Schattierungen von Grau zu erkennen, richtig ausgekostet.

Abschließend lässt sich sagen, dass die Erde aufgrund ihres hohen Unterhaltungspotenzials in der interstellaren Tourismusbranche einen festen Platz hat, für die Entwicklung unserer Spezies jedoch nicht von höherem Interesse ist. Man erlaube mir dieses persönliche Urteil: Die Menschheit war um einiges charmanter und schneidiger, als wir sie beim Bau der Pyramiden unterstützt haben. Wir, die wir erkannt haben, dass der Bau von Hochleistungsraumschiffen nur funktionieren kann, indem man nach der eigenen Intuition einfach ein Bauteil ins andere steckt, haben den wahren Kern des Seins bereits erkannt, während der Mensch sich weiterhin durch absurde mentale Konstrukte und sinnfreie Bedenken behindert. Man kann nur hoffen, dass mit dem statistisch bewiesenen Absinken des menschlichen Intelligenzquotienten die Menschheit doch noch ihren Weg zur Erleuchtung finden wird. Um diesen Zustand zu unterstützen, leisten wir Entwicklungshilfe in Form von Gammastrahlung und wertlosen TV-Formaten im Abendprogramm der privaten Fernsehsender.

Unterm Strich gebe ich der Menschheit auf dem Planeten Erde 3/5 Milchkühen.

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