„Hurra, die Schule brennt!“ (oder: Ein ganz normaler Tag in der Grundschule)

a short story by García Kaletta

Die Namen der Schüler*innen und Lehrkräfte sind fiktiv.

Es ist Mittwochvormittag und Religion in der G2 steht auf dem Plan. Zwei Stunden Mathe in der G3 und G4 sind schon hinter mir und ich bin bereits ziemlich geschafft. Schleppe seit einigen Tagen eine nette kleine Erkältung umher und die Halsschmerzen machen meiner Stimme zu schaffen. Aber das Selbstmitleid muss warten. Betrete den Klassenraum und werde von schreienden Kindern begrüßt, es herrscht Chaos. Irgendwie habe ich plötzlich nicht mehr so Lust auf die Stunde. Überlege zu gehen, doch irgendwas hält mich ab. Ach richtig. Bin ja der Lehrer. Mist. Dann sieht mich das erste Kind. Ein ohrenbetäubendes „Herr Kaletta ist daaaaaaa!“ besiegelt mein Schicksal. Kein Zurück also.

Cassandra hat Geburtstag, wie sie mir stolz erzählt. Wobei sie es mir eigentlich eher ins Ohr schreit, während sie vor mir auf und ab hüpft. Der Rest der Klasse ist total aufgeregt, ist ja klar, Cassandra hat ja auch Süßigkeiten zum Verteilen mitgebracht. Für diesen einen Tag ist sie also das beliebteste Mädchen der Klasse. So einfach ist das Leben auch nur in der Grundschule. Leider hat sie bereits mit dem Verteilen angefangen. Wobei Verteilen das Durcheinander nicht ganz trifft, was sich vor mir abspielt. Sie hat zwei ihrer drei Tüten an ihrem Platz geöffnet, weshalb sich eine gewisse Meute um sie gebildet hat. Es kommt, wie es kommen muss: Die beiden Tüten sind leer, vereinzelte Kinder haben die Hände voll mit Bonbons, der Großteil hat noch gar nichts. Jerome hat so viele ergattert, dass ich besorgt überlege, ob ich für neu entstehende Diabeteserkrankungen rechtlich belangt werden kann. Unruhe kommt in der Klasse auf und die ersten Kinder werden nervös. Ob da wohl noch genug für sie übrig bleibt? Jannik und Lisa haben noch nichts und fühlen sich ungerecht behandelt, wie sie mich lautstark wissen lassen. Na dann, räuspern, Stimme erheben, Stimme bricht, ach ja, die Halsschmerzen, nochmal räuspern, Stimme erheben, ich muss den Mob auflösen. Irgendwie gelingt es mir. Ich bitte Cassandra beim nächsten Mal doch bitte rumzugehen beim Verteilen, damit auch alle etwas bekommen. Na ja, zum Glück hat sie ja noch eine Tüte für den Rest. Erste Katastrophe abgewendet.

Würde jetzt gerne loslegen mit dem Stoff. Aber huch, was ist das? Ein neues Gesicht in der Klasse. Na toll. Kann mir jetzt schon nicht die ganzen Namen der kleinen Racker merken, da brauch ich nicht noch Zuwachs. Hilft aber nichts, dann wohl mal die neue Schülerin begrüßen, das Mädchen hat ihre Stofftierkatze dabei. Shana heißt sie, so sagt sie, also nicht das Stofftier, sondern das Mädchen, aber vielleicht auch nicht, vielleicht heißen sie auch beide so, oder vielleicht auch keine, sondern das Mädchen neben ihr. Kann dem Redeschwall nur begrenzt folgen, muss nebenbei nämlich noch Jan-Malte davon abhalten, sich beim Kippeln mit dem Stuhl das Genick zu brechen. Weise Jan-Malte zurecht und dreh mich wieder zu Shana, die währenddessen unbekümmert weitergesprochen hatte. Na ja, immerhin ist sie nicht auf den Mund gefallen. Nettes Kind.

Jetzt aber mal loslegen. Ich erkläre den Arbeitsauftrag, wiederhole ihn sicherheitshalber, dann noch ein drittes Mal, nochmal in langsam und dann ein letztes Mal für die ganz großen Spezialisten. Die Kinder fangen an zu arbeiten, wie schön. Ein Junge mit kurzen blonden Haaren kommt nach vorne. Jackson heißt er, wenn mich nicht alles täuscht: „Herr Kalettaaaaaa…?“ Ich schaue ihn lange an und bereite mich mental auf eine Frage zum Arbeitsauftrag vor: „Jaaaaa….?“ Ich freue mich richtig, als er nur erklärt, dass ihm schlecht sei und er abgeholt werden will. Ärgere mich, dass diese Idee nicht mir gekommen ist. Schicke ihn zum Sekretariat und einen Jungen namens Elias gleichmal als Unterstützung mit, zack, der Lärmpegel fällt um wichtige, hörschädigende Dezibel. Wie angenehm. Überlege Sabine, Markus und Mira gleich mitzuschicken. Ein schöner Gedanke. Dann meldet sich Jerome, er hat Bauchschmerzen. Ich versuche gar nicht erst die leeren Bonbonverpackungen auf seinem Tisch zu zählen. Schlage ihm vor, doch einfach noch einen zu essen, um den Magen zu beruhigen. Er sieht nicht überzeugt aus, erwägt die Option jedoch, ich kann es in seinen Augen sehen. Nehme ihm sicherheitshalber die verbleibenden Bonbons weg.

Jackson und Elias befinden sich schon wieder in der Klasse. Die waren doch gerade erst runtergelaufen…? Hmm. Versuche, sie zu ignorieren. Vielleicht verschwinden sie dann ja einfach von alleine. Nein, schon stehen sie an meinem Pult: „Herr Kalettaaaa…?“ „Jaaaaa….?“ „Die Türen des Foyers sind zu, man kommt da nicht rein. Außerdem ist da ganz viel Rauch im Foyer.“ Rauch? Das klingt nicht gut. Obwohl da waren doch vorhin noch Handwerker zugange. Wird also wohl vom Bohren sein oder so. Nichts, worüber ich mir Gedanken machen muss, denke ich mir. Dann geht der Feueralarm los. Innerlich läuft eine Träne über meine Wange. Rein gar nichts, worüber ich mir Gedanken machen mu… Shit. Jackson ruft: „Cool, Feueralarm, bei uns brennt’s!“ Sage ihm, er soll die Klappe halten.

Mira und Sabine geben gleich ihr Bestes, mit dem ohrenbetäubenden, schrillen Heulen der Sirene mitzuhalten. Mia lässt sich davon anstecken. 20 Sekunden Feueralarm, bereits drei weinende Kinder. Bin begeistert. „Keine Panik!“, hör ich mich rufen. Ob zu den Kindern oder zu mir weiß ich selbst nicht so genau. Fordere die Kinder auf, sich in Ruhe in einer Reihe aufzustellen, während ich versuche, sie zu überzeugen, dass das nur eine Übung ist. Die Handwerker haben wohl einfach ein bisschen Rauch beim Bohren verursacht. Das scheint halbwegs zu wirken. Schaue in den Flur, die dritten und vierten Klassen sind schon weg. Es ist meine zweite Woche an der Schule, von einem Feuerprotokoll habe ich nicht den Hauch einer Ahnung. Verfluche meine Unwissenheit. Wer, wie und vor allem wohin? Egal, erstmal raus. Sehe Frau Maser ihre erste Klasse rausführen, also nichts wie hinterher. Die wird schon wissen, wo’s hingehen soll. Also die Treppen runter, am Foyer vorbei, welches abgeriegelt und komplett voller Rauch ist. Riecht zudem auch ziemlich verbrannt. Hoppala. So viel zum Thema Übung. Draußen auf dem Platz kontrolliere ich die Anwesenheit. Gut, dass ich das Klassenbuch mitgenommen hab. An meinen Laptop habe ich wiederum nicht gedacht. Man soll ja schließlich nichts mitnehmen, wie ich den Kindern vor wenigen Minuten noch erklärt hatte. Die sich nun in der rauchenden Schule befindenden ungesicherten drei Semester Uniarbeit lösen allerdings etwas Unbehagen bei mir aus. Wann war nochmal das letzte Back-up? Mir wird schlecht. Ich rufe das letzte Kind auf und mir fällt ein Stein vom Herzen, als alle Kinder da sind. Frau Maser fragt mich, ob ich wissen würde, wo wir jetzt mit den Klassen hingehen sollen. Wie bitte? Ich? „Na ja“, sagt sie, sie wäre ja auch erst seit ein paar Wochen an der Schule. Na, ausgezeichnet. So viel dazu.

Die Zahl der weinenden Kinder hat sich mittlerweile trotz vieler Tröstungsversuche auf fünf erhöht. Einigen Kindern ist eingefallen, dass sie ja Geschwister in den anderen Klassen haben. Die Angst verbreitet sich, dass es irgendwer nicht rausgeschafft haben könnte. Mira weint und sagt, sie will jetzt nach Hause. Ich weiß genau, wie sie sich fühlt. Bei Shana fließen die Tränen jetzt auch in Strömen. Selbst die Stofftierkatze sieht traurig aus. Ein schöner erster Schultag. Drei weitere Mädchen weinen aus Solidarität gleich mal mit. Immerhin, Klassengemeinschaft wird in der G2 ganz großgeschrieben.

Mein hilfloser Blick trifft den von Maria, die an der Schule ebenfalls als Studentin arbeitet, ich mit drei weinenden Kindern in den Armen, sie mit zweien. Überlege, ob diese ungewollte Situation vielleicht sogar doch was Gutes am Ende hat. Finde, ich gebe grade einen ganz passablen Familien-Papa ab. Dann kommt jedoch das vierte Kind mit Tränen in den Augen an und will getröstet werden. Verwerfe die Papa-Bewerbung also schnell wieder, sind außerdem auch noch zu nah an der Schule dran. Laufen mit den Kindern in Richtung Gemeinschaftsschule, wo einige achte und neunte Klassen stehen, die natürlich total entspannt, mustern mich eindringlich, als ich mit meiner Horde weinender und aufgedrehter Kinder an ihnen vorbeigehe. Lehrer des Jahres, klarer Fall. Drei Neuntklässlerinnen kommen rüber, um mir einige weinende Kinder abzunehmen und beim Trösten zu helfen. Sehr freundlich. Erlaube mir kurz durchzuatmen. Dann ruft Jackson: „Schaut mal, da kommt Rauch oben aus der Schule raus!“ Sabine, die ich grade erfolgreich beruhigt hatte, bricht wieder in Tränen aus. Ja, vielen Dank auch Jackson. Sage ihm, er soll die Klappe halten. Von seinen ‘mir ist ganz schlecht, ich muss abgeholt werden und nach Hause – Symptomen’ ist nicht mehr viel zu sehen, die Augen leuchten, als wären Weihnachten und Ostern auf diesen Tag gefallen.

Auf einmal steht Theo weinend vor mir. Das ist neu. Bis jetzt wirkte er ziemlich gefasst mit der ganzen Situation. Er klagt jedoch, dass sein Bein wehtut, er hat es sich wohl gestoßen. Verspreche ihm, dass der Schmerz gleich aufhören wird. Nach einigen Minuten seines schmerzerfüllten Schluchzens bin ich nicht mehr so sicher. Er auch nicht, wie er mir tränenüberlaufen klarmachen will. Rufe Maria und bitte sie auf meine zweite Klasse aufzupassen. Schnappe mir Theo und bringe ihn ins Trockene der Fahrradständer. Schuhe aus, Hose hochgekrempelt, ein lauter Schrei. Bein ist komplett dick und blau angeschwollen. Wie hat er das denn geschafft? Bin endgültig überfordert. Zu Hause anrufen wird ohne Sekretariat schwierig. Einen Krankenwagen will ich aber auch nicht rufen, dafür sieht es dann doch nicht drastisch genug aus. Die Rettung kommt in Form einer Schulbegleitung, die die Nummer eines Familienangehörigen auf dem Handy hat, welcher Theo abholen kommt. Auch mal Glück haben.

Die Direktorin der Gemeinschaftsschule kommt rüber und informiert uns, dass wir am falschen Treffpunkt stehen. Zeige mich wenig überrascht. Zwei Löschfahrzeuge der Feuerwehr fahren aufs Schulgelände und fangen an, ihre Schläuche an die Hydranten anzuschließen. Maxi freut sich, er kann seinen Vater sehen, der ist nämlich bei der Freiwilligen Feuerwehr, wie er seinen Mitschülern stolz erzählt. Finde es immer schwieriger, die Kinder von der ganzen Übungsgeschichte zu überzeugen. Die ersten Feuerwehrmänner gehen in das mittlerweile ziemlich dunkel qualmende Gebäude. So auch der Vater von Maxi. Maxi sieht auf einmal nicht mehr so glücklich aus. Jackson beschließt, ihn zu beruhigen: „Boa, die gehen in das brennende Gebäude, das ist voll gefährlich, hoffentlich sterben die nicht!“ Sage ihm, er soll die Klappe halten. Maxi sieht jetzt definitiv nicht mehr glücklich aus.

Dürfen jetzt in die Gemeinschaftsschule, damit wir nicht mehr in der Kälte stehen müssen. Will mit den Kindern Galgenmännchen spielen, das ist immer eine sichere Bank. Der Klassenraum hat keine Kreide mehr. Natürlich nicht. Mein Kopf rattert, Klasse beruhigen, Klasse ablenken und beschäftigt halten, was gibt’s noch? Musik sollte funktionieren, fange an den Kindern einen Rhythmus vorzuklatschen. Das klingt zwar nur so einigermaßen gut, was vor allem daran liegt, dass ich in meiner Aufregung selbst ständig den Faden verliere und total durcheinander trommele und klatsche. Dafür beruhigen sich die Kinder immerhin und schenken mir ihre volle Aufmerksamkeit. Grade, als wir uns einem einigermaßen flüssigen Takt nähern, kommt die Direktorin herein und erklärt, dass wir wieder in unsere Grundschule dürfen. Bringe die Kinder wieder in die Klasse und lobe sie dafür, dass sie sich so vorbildlich verhalten und die Anweisungen befolgt haben. Immerhin haben sich jetzt alle wieder beruhigt. Jackson meldet sich: „Herr Kalettaaaaa…?“ Ich weiß bereits, dass ich es bereuen werde: „Jaaaaa…?“„Kann es ab jetzt jede Woche bei uns brennen?“ Ich kann förmlich spüren, wie Sabine bei dem Gedanken die Tränen wieder aufsteigen. Sage ihm, dass er das mit der Schulleitung abklären soll. Ich wäre jetzt bereit, in Rente zu gehen.

Author’s note

Warum man Grundschullehrer*in werden könnte:

In einer Welt, in der die Missstände kaum noch zählbar sind, die Frage nicht lautet „ob“ schlechte Nachrichten, sondern nur noch „wo“ und „wie viele“, kann die Grundschule nicht nur für die Schüler*innen einen willkommenen Ort der Zuflucht darstellen.

Als Lehrkraft hat es etwas Faszinierendes, in diese Lebenswelt einzutauchen, die zumindest teilweise noch nach einfacheren Regeln funktioniert. Zu den größten Sorgen gehört die Frage, ob der Thomas auch morgen noch mit dem Jakob befreundet ist, ob Marlene in der nächsten Pause wieder mit der Luna spielt und der Streit um das Fußballtor die größte Krise seit der letzten Neuverteilung der Sitzordnung darstellt.

Dabei sind die Probleme und Belange der jüngeren Individuen in keiner Weise unbedeutend, noch sind die Sorgen auch nur ansatzweise auf die genannten oberflächlichen Konflikte begrenzt. Trotzdem ist der Schulalltag meist folgendes: positiv, ehrlich und auch wenn es vielleicht nur so wirkt, simpler. Nicht immer, nicht alles und nicht für jeden. Aber zum Glück noch häufig. Die Arbeit bringt unerwartete Interaktionen und Situationen, die nur das Leben schreiben kann und unüberlegte Aussagen, die noch Wochen später zum Nachdenken oder Schmunzeln verleiten. Die Routine bleibt gleich und doch ist jeder Tag anders.

Zwar ist nicht immer alles Sonnenschein, aber man lernt auch mit den Gewitterwolken umzugehen. Auf eine Sache ist jedenfalls immer Verlass: Grundschulkinder tun alles dafür, nie Langeweile aufkommen zu lassen. Und das ist einfach immer wieder schön.

Und anstrengend.

Vor allem anstrengend.

Werdet nicht Grundschullehrkräfte.

Fiebertraum

a poem by Jeremias Winckler

In klirrender Kälte, so eisig und schwer,
wird’s dunkel um mich, ich spüre nichts mehr.
Ein Warteraum voll, das Klappern von Schuh’n,
Krankenhausbetten, die rauschend vorbeizieh’n.

Ich taumle zum Tresen, kann kaum noch steh’n,
meine Beine wie Gummi, ich lasse mich geh’n.
Wände verzerrt, mein Blick wird trüb,
ich stürze hinab, nur Dunkelheit blieb.

Folge dem Pfad, der sich ruhig erstreckt,
vorbei an den Felsen, die der Himmel bedeckt.
Auf unendlich Metern, mein Atem wird schwer,
meine Freunde umarmen mich, ich kann nicht mehr.

Dampfende Kessel, Chilischoten fliegen,
ein Mann wird gefasst, die Sicherheit: Hiebe!
Ein rotes Auge wacht, der Wahnsinn lacht,
ein Schlüssel im Schloss, flüchte ich sacht.

Morgentau, ein Reh, ein Pfad entlang,
folge ich dem Nomaden, ohne Gesang.
Auf meinem Pferd durch die Steppe so weit,
bis die Stille mich fängt in ihrer Ewigkeit.

Fiebernd im Bett, die Stimme so leise,
suche ich Trost in der fremden Weite.
Die Lok dampft, der Abschied ist nah,
ein letzter Kuss, dann ist sie da.

Ein Brief, ein Beamter, ein Raum so kahl,
ein Rückzug, ein Sturz, das Ende der Qual.
Doch die Heilung kommt, das Licht wird klar,
ein neuer Tag, bald bin ich wieder da.

Kälte und Einsamkeit

an extract from the same novel by Jeremias Winckler

Südlich vom Munku Sardyk, Mongolei, 9.9.2017

Im schwachen Licht der Sterne sehe ich die enormen Weiten der Steppe. Wäre mir nicht so kalt, würde ich mich am liebsten auf die Wiese legen, um mich in der Unendlichkeit des Universums zu verlieren. Doch ans Faulenzen ist nicht zu denken. Ich muss mich um Wasser kümmern. Das sanfte Rauschen eines Baches durchbricht die Stille der Nacht. Ich kann die Entfernung nur schwer einschätzen, denn die Finsternis verschlingt Farben und Konturen der Umgebung. Ich folge dem wohlvertrauten plätschernden Geräusch. Bald erreiche ich den Bach. Ich tauche meine Flasche unter Wasser. Meine Hände sind wie betäubt. Sobald das Gefäß halb voll ist, nehme ich ein paar gierige Schlucke zu mir. Das Wasser benetzt meine Lippen und kühlt meinen spröden und kaputten Mund. Ich mache mich auf den Rückweg zum Lager.

Um mich vor der Kälte zu schützen, ziehe ich jeden Abend einen Großteil der Klamotten an. Genauer gesagt: zwei Sets Skiunterwäsche, zwei Paar Socken, vier T-Shirts, drei Pullis und zwei Hosen. Dann lege ich mich in den Schlafsack und decke mich mit den Jacken zu. Es hilft alles nichts, die Kälte kriecht ins Zelt und arbeitet sich Schicht für Schicht zu mir durch. Ich schließe den Zelteingang und stülpe mir die Kapuze des Schlafsacks über den Kopf. Meine Hände und Füße spüre ich kaum noch, und immer wieder überkommen mich Zitteranfälle. Die Nacht schreitet voran. Der Bach plätschert. Mein Pferd trottet schnaubend umher. Und ich reibe die Hände aneinander und versuche, mich ganz tief in den Schlafsack zu verkriechen. Schließlich, nach mehreren Stunden der Kälte, gleite ich in einen unruhigen Schlaf.

Ich erwache zitternd. Der Reißverschluss des Schlafsackes hat sich in der Nacht ein wenig geöffnet. Ich will ihn schließen, aber meine Finger sind taub und ich kriege den Zipper nicht zu fassen. Um besser sehen zu können, krame ich nach der Kopflampe. Licht flutet das Innere des Zeltes. Ich erschrecke furchtbar: Meine Hände sind blau. Ich halte sie unter meine Achseln. Das Gefühl will nicht zurückkehren. Angst überfällt mich. Wie viel Kälte kann ich ertragen? Alles verschlingende Einsamkeit überkommt mich. Wie schön es wäre, einen vertrauten Körper an der Seite zu haben, die Wärme des anderen zu reflektieren. Ich mache mich klein, presse die Hände an den Körper und atme in den Schlafsack. Jetzt nur nicht einschlafen. Die restlichen Stunden der Nacht sind pures Elend. Nach einer gefühlten Ewigkeit spüre ich, wie die Durchblutung in den Händen wieder einsetzt. Ein stechender, pulsierender Schmerz. Meine Finger schwellen auf die doppelte Dicke an. Es tut so weh. Ich beiße die Zähne aufeinander und heule in mein Kissen.

Die Sonne ist noch nicht ganz am Horizont erschienen, als ich das Zelt verlasse, um mich auf den Tag vorzubereiten. Eine dünne Eisschicht bedeckt die Pfütze am Zelteingang, und die Wiesen sind mit Morgentau überzogen, in dessen kristallener Oberfläche sich die ersten Sonnenstrahlen widerspiegeln. Im schwachen Morgenlicht scheinen mir die sich verziehenden Nebelschwaden wie Geister, die dem anbrechenden Tag entfliehen. Erst nach Erlöschen der letzten Strahlen werden sie wieder ihr Unwesen treiben. Es sind meine Geister und sie machen mir Angst.

Kein Ende in Sicht

Content warning. May contain spoilers.

blood

 

an extract from the same novel by Jeremias Winckler

51.524453 Nord, 100.073991 Ost, Mongolei, 8.9.2017

Durch die einen Spalt breit geöffnete Zeltplane scheinen mir die ersten Sonnenstrahlen des Tages entgegen. Sie vertreiben die morgendliche Frische wie der Frühling den Winter. Unzählige wässrige Kügelchen, die sich an den Spitzen der Grashalme festhalten, rollen wie funkelnde Perlen daran hinunter. Es ist ein Spektakel der Natur und ich bin der einzige Zuschauer.

Ich reibe mir den Schlaf aus dem Gesicht. Die Rauheit meiner Hände kratzt an der feinen Haut der Augenlider. Mein Nacken ist steif. Wegen der Wurzeln und Steine, die unter dem Zelt liegen, habe ich in einer unnatürlichen Position geschlafen. Unter den Fingernägeln, an den Füßen und in meinen Haaren, überall hat sich Dreck angesammelt. Obwohl ich es selbst kaum noch rieche, umgibt mich der Geruch tierischer Verwilderung. Meine Klamotten sind durchgeschwitzt. Nur meine Unterwäsche wasche ich in den Bergbächen entlang des Weges. Mich plagt der Hunger, doch ich unterlasse es, nach Essen in der Satteltasche zu suchen. Vor zwei Tagen habe ich das letzte Stück Brot verzehrt und die Überbleibsel der Karotten abgenagt. Mein Proviant ist erschöpft. Ich stehe auf. Mir wird schwarz vor Augen und ich breite die Arme aus, um nicht zu stürzen. Seit gestern verspüre ich gelegentlich einen Anflug von Schwindel. So stehe ich da, schwankend, stinkend, hungrig und trotzdem auf eine sonderbare Art glücklich.

Es ist Zeit, das Lager abzubauen. Alles packe ich ordentlich zusammen. Die Gegenstände und Klamotten, die ich erst zum Abend wieder brauche, werden zuerst verstaut. Das Messer und mein Kompass klappern in der Hosentasche. Ghostbuster zupft an einzelnen Grashalmen. Ich nähere mich ihm. Er hebt den Kopf. Seine tiefschwarzen Augen folgen meinem Gang. Ich löse den Knoten, mit dem ich ihn an einen Baum gebunden habe. Da Ghostbuster von eher stürmischer Natur ist und sich leicht in Rage versetzen lässt, mache ich mich auf Gegenwehr gefasst. Ich ziehe den Hengst mit einem Ruck zu mir heran. Ohne den Kopf zur Seite zu reißen, wie er es die letzten Tage versucht hat, gehorcht er mir. Ich schmeiße die dicken Filzdecken über seinen Rücken. Der Sattel folgt. Inzwischen halte ich die Leine nur noch lose in der Hand. Er steht wie angewurzelt. Ich bücke mich und atme tief ein, greife entschlossen unter dem Bauch des Tieres hindurch, schnappe mir die auf der anderen Seite herunterhängenden Lederriemen und ziehe sie durch die metallenen Schnallen. Die Unberechenbarkeit tierischen Eigensinns bereitet mir immer noch einen ungemeinen Respekt. Was wäre, wenn mein Pferd sich erschreckt? Würde es sich aufbäumen und mich zur Seite schmeißen? Ich könnte unter die Hufe geraten. Ich ziehe die Riemen fest, Ghostbuster stöhnt auf, ein lang gezogener Furz entfährt ihm. Ich befestige die Satteltaschen und das Zelt auf seinem Rücken. Danach drücke ich Ghostbuster das Mundstück ins Maul. Alles ist bereit.

Ich schwinge mich mit einer fließenden Bewegung auf ihn und rufe: „Cho!“ Ohne zurückzuschauen, reite ich los. Unter den Hufen brechen Sträucher und Äste. Der Wind bläst mir durch das Haar. An den Waden spüre ich das rhythmische Pochen meines Begleiters Herz. Seine Muskeln spannen sich im Takt und mit jedem Steigen hebt sich mein Körper und landet im nächsten Moment sanft auf dem sich senkenden Sattel. Die frische Morgenluft durchdringt mich, als wäre ich ein Teil von ihr. Ich fliege durch die Ausläufer des Waldes, getragen von Gezwitscher und meinem trommelnden Puls. Ghostbuster will nach links und nach rechts ausbrechen, doch mit sicherer Hand halte ich uns auf Kurs. Ich visiere die noch schneebedeckten Kuppen Russlands an. Die Grenze liegt nördlich vom Kovsgol-See. Seit Wochen reise ich immer weiter in Richtung Norden. In nur wenigen Tagen werde ich die russische Grenze sehen.

Aus der Böschung trabend, dem Geäst entweichend, öffnet sich vor mir eine weite Steppe. Das satte Grün der Wiesen und der Geruch von Wildblüten entlocken mir ein Lächeln, das sogleich zu einem Lachen wird. Wie eine gigantische Schlange windet sich ein reißender Bach durch die Mitte der offenen Fläche. Die Wellen tänzeln in weißen Gewändern zwischen den Steinen. Wir nähern uns dem Wasser, Ghostbuster senkt den Kopf und trinkt. Ich steige ab und fülle meine Wasserflasche. Eine Herde Wildpferde hat auf der anderen Seite Rast gemacht. Auch sie trinken. Einige Fohlen tapsen unbeholfen im Bach herum. Nachdem Ghostbuster seinen dringlichsten Durst gestillt hat, wird er auf die freien Pferde aufmerksam. Er wiehert und reckt den Kopf. Ich will ihm und mir die Freude der Herdengemeinschaft nicht verweigern und drücke meine Hacken in die Flanken des Hengstes, um den Fluss zu durchqueren.

Unter den Hufen wackeln die Steine und die Strömung reißt an den Beinen meines Gefährten, doch wir leisten Widerstand. Mit sicheren Schritten, als wüsste er um die Beschaffenheit des Untergrundes, durchwatet er das Gewässer. Die Herde hat uns nicht aus den Augen gelassen und ist vom Fluss zurückgewichen. Ihr Wiehern hallt von den Felshängen wider. Die Neugier steigt in mir auf und ich will ihr Raum verschaffen. Wir nähern uns der Herde. Das Wiehern wird lauter und Ghostbuster reißt an den Zügeln. Ich muss ihn mit aller Kraft zurückhalten, damit er nicht vorschnellt. Ich wende mich zur Seite, betrachte eines der Fohlen, da entgleiten mir die Zügel. Mir rutscht das Herz in die Hose. Von Freiheit und Freude erfüllt, schießt Ghostbuster vorwärts. Ich klammere mich an den Eisenbügel des Sattels. Mein Körper holpert auf und ab. Ich finde den Rhythmus des Tieres nicht. Verzweifelt drücke ich meine Waden gegen die Flanken. Von der Hektik aufgescheucht, setzt sich die Herde in Bewegung. Wir hetzen auf den Wald zu. Die Äste schlagen mir ins Gesicht. Ich schmecke Blut. Das muss ein Ende haben!

An der Seite hängen die Zügel hinunter. Wir werden immer schneller. Die Kiefernnadeln peitschen auf mich ein. Ich versuche, nach den Zügeln zu greifen, doch ich kriege sie nicht zu fassen. Mich zur Seite lehnend, komme ich ihnen näher. Mein Körper fliegt auf und ab. Die Oberschenkel schmerzen. Noch ein kleines Stück. Ich beuge mich vorwärts. Ein Zucken. Plötzlich: Schwerelosigkeit. Meine Füße fliegen aus den Steigbügeln. Meine Hände schließen sich um die Zügel und ich halte mich mit Leibeskräften an ihnen fest. Ein Aufprall. Ich kann weder hören noch sehen. Ich werde über den Boden geschleift. Gerade will ich aufgeben, da bleibt die Welt stehen. Stille. Ich atme aus, krieche zu einem neben mir aufragenden Baumstumpf und schlage die Zügel darum. Es pocht in meinen Ohren und alles schmerzt. Ich schaue an mir hinunter. Unter der zerrissenen Hose sehe ich Blut. Ich betaste die Stelle vorsichtig. Für einige Minuten rühre ich mich nicht. Mein Pferd schaut sehnsüchtig der zwischen den Bäumen verschwindenden Herde nach.

Unter normalen Umständen hätte ich eine Pause gemacht und mein Lager an Ort und Stelle aufgeschlagen, aber mir fehlt es an Proviant. Ich weiß, dass ich weiter muss. Die nächsten Nomaden können nicht mehr weit sein. Sobald wir den Wald verlassen, werden wir welche finden. Wir müssen welche finden. Irgendwen. Von diesem Gedanken angespornt, stehe ich auf und ziehe Ghostbuster zu mir heran. Ich rücke die Satteltaschen zurecht, straffe den Gurt und steige auf. Jeder Meter des Weges schmerzt. Die schweißnassen Klamotten reiben an meiner wunden Haut. Mein Körper ist mit Blutblasen und Schürfwunden überzogen. Ich kann nicht mehr. Ich bin erschöpft. Aber ich muss weiter, solange ich noch die Kraft habe, mich im Sattel zu halten.

Icarus

a poem by Lukas Bartsch

Illustration by Jehan Ammar

I wander in phosphorescence,
not quite capturing its essence,
Tumbling falling through the aether,
high above yet still beneath her.
Ethereal realms thundering, colliding,
the heavens pondering still deciding.
Deep within the earth ascending,
in metamorphosis transcending,
the shining knight falls on the sword –
growing wings, becomes a lord.
In the light beyond the shades
freedom turns my fears to blades.
Roses drowning in the fog,
wallowing my mind does block
the comprehension of the form,
the wings the scales, the horn.
Hence, I’m trapped in waking hell,
my body but a tolling bell.

Gedankenkarussell

Content warning. May contain spoilers.

hospital

 

an extract from a novel by Jeremias Winckler

Hamburg, Deutschland, 22.10.2017

Ein weiterer Tag geht zu Ende. Ich schließe meine Augen und tauche ab in ein schwarzes Meer. Die Dunkelheit umhüllt mich. Hier liege ich nun also. Alleine mit meinen Gedanken. Die sich drehen. Immer weiter. In nie endenden Kreisen. Ohne Anfang. Und ohne Ende. Der Schlaf will nicht kommen. Das Kissen ist unbequem. Ich rücke es zurecht. Es ist ein wenig klamm und zu warm. Viel zu warm. Vielleicht drehe ich es lieber um. So ist es besser. Bevor ich einschlafe, sollte ich noch mal auf die Toilette gehen, auch wenn ich eigentlich gar nicht muss. Ich öffne meine Augen, drehe mich auf meine Seite und gehe zum Bad. Krankenhaus riecht unausstehlich, so steril. Insbesondere das Bad. Nachdem ich für einige Minuten untätig auf der Toilette gesessen habe, gehe ich zurück zu Bett und decke mich zu. Eine Krankenwagensirene ertönt, gedämpft. In Wirklichkeit ist der Krankenwagen ganz in der Nähe. Doch das merkt man nicht. Die Fenster sind schallisoliert. Der Raum fühlt sich beengend an. Mein Zelt war mir lieber. Da konnte ich nachts die Geräusche des Waldes hören. Das Rascheln der Blätter. Das Schnaufen und Stampfen. Doch jetzt ist alles still. Ich versuche, mich auf meine Atmung zu konzentrieren. Das soll beim Einschlafen helfen, glaube ich. Vielleicht lenkt es mich ab. Von den Gedanken. Langsam fülle ich meine Lungen mit Luft. Sekunde für Sekunde. Und leere sie wieder. Mein Körper fühlt sich schwer an. Vielleicht schlafe ich endlich ein. Wenn ich viel schlafe, geht die Zeit schneller vorbei. Hoffentlich. Denn ich bin es leid. Wann kann ich endlich das Krankenhaus verlassen? Wann wird es mir endlich besser gehen? Wann wache ich aus diesem Albtraum auf? Ich kneife meine Augen zusammen. Tränen laufen mir übers Gesicht. Ich spüre, wie die salzigen Tropfen über meine Wangen laufen. Langsam. Konzentriere dich lieber auf deine Atmung. Das ist weniger schmerzhaft. Weniger beengend. Als der Gedanke. Der Gedanke des vergehenden Lebens. So dramatisch ist es gar nicht. Ich bin kein akuter Notfall. Ich habe ja nur Fieber. Mein Körper funktioniert und bekämpft das, was auch immer es ist, was ich in mir trage. Bald schon wird es mir besser gehen. Ich atme wieder aus. Langsam und kontrolliert. Dann streiche ich mir die Tränen von den Wangen. Dabei drücke ich etwas zu fest zu. Kleine weiße Punkte erscheinen in der Dunkelheit. Wie farblose Mandalas. Sich drehende Lichter in der Dunkelheit. Fluoreszierendes Gedankengut. Das mich umgibt, während ich falle. Immer weiter. Hinab in die Dunkelheit. Wie ein Stein unter Wasser, der dem Abgrund entgegentrudelt. Oben sehe ich das Lichtspiel der Sonne. Strahlen piercen die Oberfläche und erhellen das Nichts, bevor sie sich in der Endlosigkeit verlieren. Immer weiter. Immer tiefer. Schwerelos. Lautlos. Angezogen von der Finsternis in mir.

Compound Eyes

Content warning. May contain spoilers.

cancer, death, depression

a short story by Luc Salinger

Jessica and Mark were sitting on a bench in the park. The weather was scorching hot. A perfect summer’s day. Besides them, the park was completely empty, as if they were the only people who were aware of how great the weather was. A couple of bees were there, occupied with burying their heads in flowers. Birds were ploughing the ground for worms and occasionally, a mosquito tried to test its luck with the couple, gently flying to their exposed legs to ram its snout into their flesh.

Jessica’s breath was irregular. She was panting, and tripped over her words, clearly excited about something she had in mind. Her friend Mark stared at her, patiently, expectantly.

‘There is something I want to pitch to you,’ she said, her breath shaky, her eyes glistening with excitement.

Mark smiled at her. Knowing her, it was probably something stupid. Last time she started a conversation like that, she told of crossbreeding pigs and ducks to develop a special bacon that stays crisp and doesn’t get soggy once she heard that ducks, even when spending time in water, don’t get wet. As she got older, getting her own apartment and her own responsibilities, she developed the habit of completely obsessing over things that only Mark was willing to put up with. She knew that Mark was the only one who listened to her, so she was always excited to talk with him about her ideas.

‘What’s the pitch?’

‘You know…’ She stared into his eyes. ‘You know, how we have all sorts of pictures at school for things like the solar systems, atoms or those sliced up bacteria cells?’ She waited for him to nod.

‘Yes?’

‘Nobody took those pictures. Those are just concept pictures! You know that?’

Mark tried not to laugh. ‘Course I do. They aren’t photographs. They are illustrations. Everyone knows that.’ He put on a look of suspicion. ‘Is that all?’

‘That is not all!’ She put her finger up. ‘Consider this now…’ She leaned a bit closer forward. ‘All those illustrations have been made with the sole intention of helping humans understand the universe.’

Mark still had no idea what Jessica was rambling on about, but her tone was building up to something. He remembers her bacon pitch, too, being like that. Picture this, she had said, you’re swimming in a pool and crave a crispy slice of bacon, but oops, it falls into the pool and now it’s not enjoyable anymore. Reason for that is the hydrophilic nature of the bacon strip itself! It had been hard for him to visualize the scenario at all, but she had a way of gripping Mark as if the things she was saying were really sound. Even if she was completely delusional.

Mark nodded now and she continued. ‘I ask you this now: have you ever seen such a visualisation for any other species?’

‘I guess not. No. Those pictures are for humans because they are the only species that studies the universe in such a way.’ His eyes trailed off from Jessica.

He thought Jessica looked really cute when she was getting riled up by her ideas, even if they felt like she was just sharing her shower thoughts with him, as opposed to really interesting concepts worthy of discussion. She had little bags under her eyes whenever she pitched him an idea, as if she mulled over it for the entire night beforehand. It drew attention to her eyes. Those eyes, with their verdant tinge. So tired. So beautiful. He smiled.

Jessica put her hands on her thighs and looked at him smugly. ‘I don’t think that’s quite fair now, is it? For example, you have those colourful pictures of DNA. That would be so useless for a dog because they don’t see the colours that well. We are in the position that we know better. And gatekeeping our knowledge is just plain cruel. Don’t you think?’

Mark thought back to the time Jessica was at his place. Back when he still had his dog. She’d seemed so gleeful and giddy at that moment. His big mastiff tongue had caressed her cheek like it was vanilla ice cream on a hot summer’s day. Back then, she’d never told him of ideas in her head. She seemed so close, but also not as talkative as she was now. He couldn’t help but shake his preference for the old version of her, back when he still had his dog.

‘I don’t think dogs would care.’

‘Some might,’ she quickly responded and a daring smile crept on her face, as she looked into his eyes. ‘But my idea doesn’t pertain to dogs. I need to start somewhere else. How do you think a fly sees the world?’

‘With compound eyes?’

Jessica jumped up from the bench, putting her palms in the air as if she was balancing an invisible cheerleader on top of her. ‘A huge tapestry of eyes. Like a kaleidoscope. And if that fly would see a picture of the solar system, it would see hundreds of thousands of planets in its view.’ She adjusted her glasses. ‘And that’s not scientifically correct.’

Mark remembered the time when she hadn’t worn glasses. She broke them. It was in the summer, must be seven years ago, back when it took her parents over a year to replace them because they had to spend a lot of money on some stupid stone, as Jessica had put it, for their son. So many emotions inside her, she didn’t know what she was saying. Back then, she was upset that she was so dependent on others. She saw everything blurry. It was the only time that Jessica had said to Mark that he looked beautiful. He knew it was meant as a joke, but he remembered it.

‘I don’t think flies care about the accuracy of their conception of the universe.’ Mark said, now. He stared too much. He shouldn’t look at her this intensely. He should break eye contact once in a while, he thought.

‘You can be such a hater sometimes.’ She nudged him a bit with her shoulder as she sat down on the bench next to him again.

      Mark smiled. ‘I’m not a hater. I just don’t think your idea is feasible. I can’t even begin to understand how you would conceive a picture, where a fly, with its hundreds of little eyes, could see a single image as we do. If you turn the solar system into a kaleidoscope, then it would just see the kaleidoscope in its own eyes, multiplied again.’

Jessica rubbed her chin. ‘My hypothesis was that two negatives make a positive and the kaleidoscope and the compound eyes would cancel each other out.’ She looked at him. ‘Did you know that flies can see UV light? Maybe that’s the key.’

He began to yawn. If only Jessica could see how annoying she was being. Back when they were still at school together, it wasn’t draining, talking to her. Ever since that one summer, when his dog was diagnosed with cancer and Jessica’s brother Dylan had drowned in their swimming pool when she was supposed to be watching over him, their relationship changed. Jessica used to talk about real things during that summer. Not crispy water-bacon or fly-friendly pictures. Things felt more real.

‘Is something wrong?’ Jessica asked him. ‘You tired?’ she added with a teasing undertone.

‘Yeah, the weather is getting to me. I think I should go.’ He stood up from the bench. They used to hug each other when departing but this time, Mark didn’t feel like it. He waved to her and left, leaving Jessica wondering why.

When Jessica went to her apartment, the idea she had just talked about with Mark was still in the forefront of her mind. She felt excitement coursing through her and immediately got to her working station. When she sat down in her chair, an army of fruit flies flew from the partly empty yoghurt cups on her desk. The entire working station smelled like rotting cheese or spoiled milk, depending on which yogurt cup was closest and able to overpower the others.

She opened up her photoshop app and worked throughout the day. The smell of the yogurt served a practical use of ruining her appetite whenever she took a breath, so she never felt the need to eat as she diligently worked. Hit the Save-as button, printer on and out came a kaleidoscope, where every little hexagon was a small image of the solar system. It filled the entire page and with pride she held it up in the air.

Jessica rushed towards the kitchen, paper in hand. Once she opened the door. Her ears were filled with buzzing noises. On the kitchen counter, the flies living with her couldn’t have been happier with the accidental hospitality of the hostess. Opened cans of fruits, black bananas, fish bones, half a pack of minced meat that had turned completely brown and served as a maggot kindergarten.

Whenever she stepped into her kitchen, it was a stark reminder to her just how hard living alone was. She hadn’t seen her parents even once since she was kicked out, at eighteen. They hated her guts for letting her brother die. They never used the pool after that. Not even on the hottest of summers. Careless. She didn’t care about anything, her father had said. It stung, and he was wrong. She did care. She put the paper she designed on her kitchen table.

After a couple of seconds. A lonely fly landed on the image and it was the first time a fly got an accurate representation of the solar system. It tapped its trunk on the paper, still warm from the printer. Rubbed its tiny little hands and flew away.

Burning

a poem by Lea Köster

It’s the future we cannot escape that we dread.
It’s the past we cannot change that we fear to repeat.
It’s the present we cannot enjoy that we wish to be something else.
It’s life we forget to live because we think we have time.
It is us, us, that we lose in in the process of trying to fit in.
It is myself that I am trying to find in this world that is burning to ash.
It is a fight, I fear, will never end.
A fight we cannot escape.
An end
An inevitable end
Of burning ash.

Hidden Away

Content warning. May contain spoilers.

drugs

a short story by Paula Solterbeck

By the time I first saw her, I had stopped counting the days. I remember how little she fit in my world then, with her hair still all shiny and this weird look she gave me, almost a grin. In contrast to the dark, colourless barn, where it stank of horses you never saw nor heard. The dryness of the south, and the dust that reached every corner of any lung. Surrounded and trapped by all the wood, wood that offered splinters when pushed up against. No, Anya didn’t belong here.

He sat, no, rather pushed her down into my little coop and clicked the newly-bought handcuffs around her wrists. Then he said something about her being my new friend or something. At the time I thought that was some sick joke, but ironically, he would be right about it in a way. No, I’m actually not going to think about him. I want to think about her. Anya. My Anya.

Anya wasn’t the first, obviously, but neither was I. Now that I think about it, I don’t know who it was. I had kind of always assumed that it was Holly, but she was merely the first I knew about. I honestly don’t really remember how I got here, when it was still her place, Holly’s place, or how many days I was unconscious; that’s how drugged up I was and to be fair… that wasn’t all him. I know my way around those kinds of things. Drugs.

Anyway, when I woke up all those nights ago, Holly was there. Watched me in my misery of the withdrawal. This sweet girl I went to middle school with, all dirty and broken, you could see that from miles away. I knew then and there, as soon as my senses started to clear, that she was not the same girl I met as a child. That girl with the thoroughly-combed blonde hair, straight As, and all the talk of future husbands and shit – that girl would never come back home. That was what I first thought, after I had recognized her under all the dirt.

She didn’t really talk, other than trying to soothe me, the first few days, just prayed. Perfect girl. It is kind of an awkward reunion, right? At least, that’s what Anya said about it later and she wasn’t wrong. When Holly finally talked to me, she mainly repeated that they would find us soon. Probably more for her own sake than mine.

Now, I didn’t know who they were supposed to be, with almost everyone in town thinking she ran away, after some bad breakup with her fiancé or boyfriend or whatever. Apparently, she had also become some kind of theater kid in high school, at least her friends said something about her dreaming of Hollywood, I guess they hoped that was where she went. Maybe that was wishful thinking. I was unsure about her parents, but with her Christianity and her perfect-ness, I guessed that they were still looking. But, still, no one has found me and the others, even after he took Holly away from the barn and didn’t bring her back. Instead, he replaced her. Twice. And we remain hidden away. Maybe they stopped because they found her body or something, but wouldn’t they start looking for that asshole then?

Although, no one out there would be looking for me, I don’t have to be delusional about that. I had been away for weeks at a time, high on some shit a friend of a friend of a stranger had sold me. The folks were used to it and I didn’t really have any friends before I met Anya. Oh yes, Anya.

After she arrived, she had nervously laughed sometimes, and I thought the psycho had caught himself one of his kind and hoped they might kill each other. Honestly, I get it; while crying would have been the more appropriate choice, I, too, sometimes laugh in absurd situations. Though I have never been in a situation this absurd before. That was something we joked about too, because she seemed so collected (aside from the laughing). She didn’t really need my advice, didn’t let me be her teacher. I guess that’s why we felt like equals, except that she still smelled better than me back then.

‘I’ve never seen you around town, where are you from?’ I had asked, while cleaning the wounds he had given her and her eyes had widened a little. When she answered, I understood why.

‘Which state are we in?’ she had asked in her silly West Coast accent. San Fransisco was where she caught it, she told me later. The sad expression on her face didn’t look right. Unnatural. Not fitting in that beautiful face. I wanted to cheer her up – after all we would be here for a while.

‘Sweet, sweet Louisiana, honey.’ I leaned into the accent with this one and to my surprise, she actually laughed about it. That was when I knew she wasn’t like my other companions. ‘Why would a Cali girl come down here? Family matters?’

‘Passing through,’ she had answered and her expression told me to leave it alone. In hindsight it feels like fate, right? Had he never brought her, we would never have met. Of course, I wish she didn’t have to endure the things he did to us, but selfishly I’m glad that she is the one here with me. For the sake of our moments together, not his. Maybe I’ll share these moments one day, but for now, they belong to us and us only.

In the time with her, my face hurt in a way that I can’t easily describe. The muscles meant for the happy kind of expressions which hadn’t been in use for a while, and the intensity of the soreness, made it clear that I was here for longer than I had imagined. She made me smile so much, she even made me laugh sometimes. Occasionally, I even thought I was happy to be here. After all, this was the place I fell in love.

Mein Herz ist eine Leinwand

a poem by Myra Sophia Dedekind

Mein Herz ist eine Leinwand und du malst sie an
Rosa das Interesse, die Hoffnung, ein Anfang
Orange die Panik, das beengende Gefühl,
dass ich plötzlich meine Leinwand an jemand anderen verlier’
Gelb die Freude, die du mir täglich machst,
Lila die Blumen, welche du mir zuerst brachst
Blau die Tränen, dass Gefühl, wenn einer geht
Grau die Angst, die in mir lebt
Grün die Zukunft, Hoffnung, Träume
Rot die Wut, welche nie aufschäumte
Wein die Abende, die wir gemeinsam verbringen
Schwarz die Sicherheit, dass wir alles bezwingen
Braun die Ruhe, Sicherheit, Frieden
Bedacht lässt du meine Leinwand wiegen
In wechselnden Höhen, Intensitäten
Bemalst du
Mein Herz